In letzter Zeit habe ich mir einige Gedanken darüber gemacht, wie man am besten mit jemandem, mit dem man länger Streit hatte, wieder Kontakt aufnimmt.

Bei meinen Überlegungen hat mich Leo R., ein befreundeter psychologischer Berater, unterstützt.

Ziel

Sei dir bewusst, welches Ziel du verfolgst. 

Willst du einfach nur Unmut loswerden – dann hau voll raus!

Willst du dein schlechtes Gewissen erleichtern – (sei mitfühlend und) entschuldige dich.

Willst du eine bessere Beziehung in der Zukunft – dazu ein paar Tipps folgend.

 

Sei dir aber im Klaren darüber: Du kannst andere Menschen nicht ändern.

Du kannst von deiner Seite aus agieren – wie der andere reagiert (und das hängt von vielen Faktoren ab) kannst du aber nicht kontrollieren. 

Du kannst aber die Wahrscheinlichkeit eines guten Ausgangs mit den folgenden Tipps ein bisschen erhöhen!

Achte also auf deine Erwartungen. Sie sollten realistisch sein und nicht zu sehr vom Gegenüber abhängen. Machst du dein Glück von anderen abhängig, bekommst du das Gefühl, keine Macht darüber zu haben. Stellst du Erwartungen zu hoch, wirst du leicht enttäuscht.

 

Kanal

Wenn dir etwas wichtig ist, und es auch so ankommen soll, dann versuche eine nicht alltägliche Kommunikationsform. Ich empfehle gerne für wichtige Dinge einen guten, altmodischen Brief. Oder eine per Mail versandte Datei.

Klar ist eine Textnachricht einfacher – ein Brief sticht jedoch durch seine Seltenheit heutzutage heraus. Messenger-Nachrichten sind häufig, häufig unwichtig und häufig klickt man sie auch weg und vergisst sie dann. Mit einem Brief schwingt bereits eine gewisse Wichtigkeit mit.

Ein Vorteil zum persönlichen Gespräch ist, dass man lange Zeit hat, seine Worte zu formulieren. Ein Nachteil ist, dass Missverständnisse nicht sofort erkannt und gelöst werden können. Deshalb ist im Anschluss an den Brief auch ein persönliches Gespräch sinnvoll.

 

Inhalt

Authentizität

Als Grundgerüst empfehle ich den Bauch. Schreib, was du denkst und fühlst und wohinter du auch danach stehen kannst. Dann lies dir das Ganze durch, schau wie es auf dich wirkt und achte auf ein paar Dinge, die ein sich wieder vertragen erschweren könnten.

Roten Faden folgen

Verfolge in deinem Schrieb einen gewissen roten Faden. Das macht das Lesen einfacher und sorgt dafür, dass der Fokus auf dem Wesentlichen bleibt. Gerne schweift man ab und es fallen einem noch viele zusätzliche Dinge ein. Überlege, ob diese Dinge wirklich relevant für dein Ziel sind oder vielleicht eher davon ablenken.

Möglichst ohne Bewertung formulieren

Das in den Raum stellen von als unmoralisch angesehenen Verhaltensweisen verschärft Situationen eher als sie zu beruhigen. Wörter, die häufig Trigger auslösen, sind beispielsweise: lügen, manipulieren, toxisch, narzisstisch, psychisch krank.

  • Beschreibe Situationen so bewertungsfrei wie möglich
  • Vermeide es, die Moralkeule zu schwingen und zu beschuldigen
  • Stelle keine Diagnosen
  • beschreibe deine Wahrnehmung von einer spezifischen Situation
  • beschreibe die Wirkung auf dich

Allgemeine Eskalations-Wörter beachten

In konfliktbehafteten Beziehungen gibt es meist viele Emotionen. Schnell eskaliert ein Gespräch, weil man etwas “in den falschen Hals” bekommt und die Gefühle hochkochen. Ganz vermeiden kann man das nicht, es ist aber empfehlenswert, zumindest ein bisschen auf Trigger zu achten.

Beschreibe Situationen, die dich stören, anstatt die Persönlichkeit des Gegenübers zu kritisieren.

Kommuniziere spezifisch statt Verallgemeinerungen zu nutzen. Anschuldigungen wie “Nie hörst du zu!” oder “Du lässt immer alles liegen!” sind ziemlich sicher falsch und lösen beim Anderen oft Wut und den Wunsch nach Rechtfertigung aus.

Die Eskalationsspirale bringt euch (zumindest vorerst) weiter nach unten, anstatt zu einer Lösung.

Nachfragen statt Mind-Reading 

Auch wenn du bereits ein Gefühl hast, warum der andere sich vielleicht so verhalten hat, wie es der Fall war – behalte es (zumindest für die erste Annäherung) für dich. Falsche Interpretationen können viel Schaden anrichten. Geh an die Sache lieber neugierig heran. Teile deine Verwirrung und frag nach den Motiven der anderen Person. Unterstellungen bringen euch weiter auseinander als zusammen.

Auf übermäßige Beeinflussung achten

Watzlawick sagt: “Wir können nicht nicht kommunizieren.” Und oft kommunizieren wir, weil wir etwas von anderen wollen. Manchmal ist uns das nicht einmal so bewusst. Small-Talk ist beispielsweise wichtig für den Beziehungsaufbau. Wenn wir mit jemandem Small-Talk betreiben, kann es sein, dass wir das tun, weil wir ihm näher kommen möchten.

Wir Menschen haben viele Bedürfnisse. Für die Befriedigung einiger davon brauchen wir etwas von anderen. Deshalb ist oft auch Beeinflussung in der Kommunikation enthalten. 

Abgrenzen zu “unmoralischer Manipulation” kann man alltägliche Beeinflussung zum Beispiel durch die Faktoren Maß, Absicht und Ziel. Zu viel ist schlecht, absichtlich darauf abzielen ist wichtig für Autoverkäufer, in privaten Beziehungen aber eher unerwünscht und das Ziel sollte nicht möglichst viel Eigennutzen auf Kosten des anderen sein. 

  • Erkläre dich, aber das Hauptziel sollte nicht sein, die andere Person auf ihre Kosten zu deinen Gunsten zu beeinflussen. 
  • Erkläre deine Gefühle, beschreibe dich aber nicht übermäßig als Opfer. Dies treibt den anderen nämlich in die Täterrolle.
  • Erkläre auch deinen Unmut, drohe aber nicht. Auch ein “Erinnern” an mögliche negative Konsequenzen kann als Drohung aufgefasst werden.
  • Zeige deine Seite und dein Opfer / dein Commitment in der Beziehung auf, vermeide es aber, unterschwellig an Gefallen zu erinnern.
  • Sag, was dir am anderen gefällt, schmeichle aber nicht übermäßig, nur um besser ans Ziel zu kommen.

Viel Erfolg 🙂

Kontaktaufnahme nach langer Funkstille oder Konflikt
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