Sexuelle Entwicklung
Der Weg vom Baby zum Erwachsenen durchläuft verschiedene Entwicklungsstadien.
Siegmund Freud hat die kindlichen Phasen in oral, anal und phallisch unterteilt. Danach sah er eine gewisse Latenzzeit, bevor dann die genitale Phase (Pubertät) einsetzt. Seine charakterlichen Zuschreibungen sind überholt, die sexuellen Entwicklungsphasen können sich anhand der zentralen Körperteile jedoch weiterhin beobachten lassen.
Das Verhalten variiert in den unterschiedlichen Phasen – Wann welche Phase eintritt, ist von Kind zu Kind unterschiedlich.
In der kindlichen genitalen Phase steht für viele Kinder das Experimentieren im Vordergrund. Es wird erkannt, dass es da etwas gibt, und dass das unterschiedlich ist, je nachdem ob man Mädchen oder Junge ist. Kinder wollen auch über das “Andere” Bescheid wissen. Sie fragen, berühren sich gegenseitig und spielen damit. Manchmal werden auch Tänze aufgeführt oder das Teil wird stolz präsentiert.
Unter Beachtung der untenstehenden Kriterien ist das meist unbedenklich.
In der pubertären genitalen Phase ist das Geschlechtsteil erneut sehr zentral. Die Hormone werden immer mehr (Testosteronhöchststand bei Jungs ca. mit 14 Jahren), die körperlichen Merkmale entwickeln sich stark. Viel Gesprächsstoff bei den Kindern und Jugendlichen. Mädchen beschäftigen sich mit ihren Brüsten, Jungs brüsten sich durch Schamhaare und Peniswachstum.
Der Unterschied: Durch die zunehmende geschlechtliche Reife ist die gegengeschlechtliche Interaktion nicht mehr so kindlich zu betrachten. Sobald Erregung ins Spiel kommt, ist es kein kindliches Experimentieren mehr. Hier ist es (wenn nicht schon geschehen) höchste Zeit für sexuelle Aufklärung!
Ab wann ist ein Verhalten problematisch?
Im flämischen Kompetenzzentrum für sexuelle Gesundheit “Sensoa” wurde von Experten auf dem Gebiet sexuelles Verhalten und Missbrauchsvermeidung ein Flaggensystem erstellt.
Durch das Betrachten von 6 Kriterien (Zustimmung, Freiwilligkeit, Gleichwertigkeit, Entwicklung, Kontext, Selbstachtung) und 4 Faktoren (Intimitätsgrad, Signale, Wiederholung und Dauer, Bewusstsein) kann ermittelt werden, ob und wie eingegriffen werden sollte.
Zustimmung
Sind alle Anwesenden einverstanden – alles ok
Ganz oft kommt es bei Kindern zu Experimenten. Doktorspiele, um das eigene oder andere Geschlecht zu erforschen. Ganz natürlich aufgrund kindlicher Neugierde.
Ein “Nein” muss jedoch jederzeit akzeptiert werden.
Freiwilligkeit
Wird keiner überredet oder gezwungen – alles ok
Sobald es zu Gewalt oder Erpressung kommt, muss eingeschritten werden.
Gleichwertigkeit
Sind alle Anwesenden ähnlich alt/entwickelt – alles ok
Unter Gleichaltrigen kann im geschützten Rahmen geforscht werden. Erwachsene dürfen dies aber nicht mit Kindern tun und Kinder sollten keine fremden Erwachsenen dabei haben.
Entwicklung
Passt das Verhalten zur aktuellen Entwicklungsphase – alles ok
In manchen Phasen ist es ganz normal, dass Jungs gerne ihren Penis herzeigen oder viel darüber reden, richtig stolz darauf sind. Sie erkennen einen Unterschied zu Mädchen und ihre Geschlechtsidentität beginnt sich zu entwickeln.
Kontext
Passt das Verhalten in den Kontext – alles ok
Zuhause oder bei Spielfreunden wird schon mal herumprobiert. Nicht stattfinden sollten Doktorspiele im Supermarkt oder im Matheunterricht.
Selbstachtung
Hat das Verhalten keine schädlichen Folgen für die Person – alles ok
Sieht man negative Folgen für das Kind, muss es geschützt werden.